Der 1856 geweihte Kirchhof war Begräbnisort der ehemaligen Evangelischen St.-Matthäus-Gemeinde am heutigen Kulturforum/Potsdamer Platz, dem einstigen „Diplomaten- bzw. Geheimratsviertel“ südlich des Tiergartens. Das im Zweiten Weltkrieg fast zerstörte Viertel war eine der wohlhabendsten Gegenden in Berlin. Hier wohnten reiche Kaufleute und Unternehmer, erfolgreiche Künstler, Wissenschaftler und höhere Beamte. Viele von ihnen wurden auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof bestattet.
Wie kein anderer repräsentiert dieser Friedhof das glanzvolle Berlin der Gründerzeit. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 versuchte das Bürgertum auf anderen Gebieten sein gewachsenes Selbstbewusstsein zur Schau zu stellen. Große und teilweise aufwändig gestaltete Wandgräber, Mausoleen und freistehende Bildwerke mit kunstvollen Grabgittern geben Zeugnis vom Reichtum der Verstorbenen und von einem Repräsentationsbedürfnis, das die Zeitgenossen und die Nachwelt beeindrucken sollte und dies auch heute noch tut. Daneben bieten die einfachen, sparsam ausgeführten, aber nicht selten auch künstlerisch wertvollen Grabmale vieler großer Wissenschaftler, Künstler und hohen Beamten ein sehenswertes Kontrastprogramm.In seinen historischen Grabstätten spiegelt der Alte St.-Matthäus-Kirchhof das Wohlstandsbürgertum wider, ist aber nicht der Friedhof einer sozialen Gruppe bzw. eines Berufsstandes. Bankiers, Maler, Musiker, Komponisten, Handwerker, Politiker, Beamte, Stadtverordnete, Militärs, Unternehmer, Ingenieure, Wissenschaftler und Grundstücksbesitzer fanden hier nebeneinander ihre letzte Ruhestätte.
Die wechselvolle Geschichte Deutschlands hat dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof große Verluste beschert. Unter den Nationalsozialisten drohte ihm ein tragisches Schicksal. In Folge der Planungen von Hitlers Generalbauinspektor Albert Speer zur Umgestaltung Berlins zur Welthauptstadt Germania sollte der Alte St.-Matthäus-Kirchhof zugunsten der Anlage einer monumentalen Nord-Süd-Achse aufgegeben werden. In den Jahren 1938/39 wurden in einem ersten Schritt die Grabstätten im nördlichen Drittel des Kirchhofes auf den Südwestkirchhof in Stahnsdorf bei Berlin umgebettet. Mit Beginn des Krieges wurde die für 1941 geplante vollständige Aufhebung des Friedhofs nicht weiter verfolgt. Nach Kriegsende sind noch bis in die 1960er Jahre hinein aufgegebene und baufällige Grabstätten berühmter Persönlichkeiten eingeebnet und damit als Stätten der Erinnerung ausgelöscht worden. Erst zu Beginn der 1970er Jahre besann man sich darauf, die historischen Grabstätten zu sichern und zu erhalten.
Das gesamte Kirchhofsareal ist vom Landesdenkmalamt Berlin als Gartendenkmal unter Schutz gestellt. Durch die Auflösung der Evangelischen Kirchengemeinde St.-Matthäus befindet sich der Kirchhof seit 2001 in Trägerschaft der Evangelischen Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde.
Noch heute beherbergt das Areal des Alten St.-Matthäus-Kirchhof eine der größten Sammlungen freistehender Skulpturen und herausragender Grabarchitekturen des 19. und 20. Jahrhunderts. Vom Land Berlin sind etwa 60 Grabstätten prominenter Persönlichkeiten als „Ehrengräber“ ausgewiesen, darunter die letzte Ruhestätte der Brüder Jakob (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859), des Mediziners Rudolf Virchow (1821-1902) und des Dirigenten und Komponisten Max Bruch (1838-1920).
Eine Liste mit weiteren Kurzbiografien der bekanntesten Persönlichkeiten findet sich Internet unter: www.stiftung-historische-friedhoefe.de
Der langfristige Erhalt der historischen Grabstätten auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof ist bedroht. Ausgelaufene und nicht mehr verlängerte Nutzungsverträge, nicht mehr behobene Kriegsschäden, Umwelteinflüsse und Vandalismus sowie der Wandel im Bestattungsverhalten haben in vielen Fällen tiefe Spuren an den Denkmälern hinterlassen. Die notwendigen Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen sind mit erheblichem Kostenaufwand verbunden. Da sich der Kirchhof ausschließlich über Einnahmen aus Bestattungen und Grabnutzungsgebühren finanziert, welche sich jedoch stetig verringern, bleibt immer weniger Geld für die Pflege der historisch bedeutsamen Denkmäler.
Zur Sicherung der historischen Grabstätten werden von der Kirchhofsverwaltung Mitstreiter, Kooperationspartner, Investoren, Sponsoren und Förderer gesucht. Diese haben die Möglichkeit, eine Patenschaft für ein historisches Denkmal zu übernehmen und im Bestattungsfall eigene Nutzungsrechte zu erwerben.
Eine weitere Besonderheit des Alten St.-Matthäus-Kirchhofes stellt das 2006 im ehemaligen Verwaltergebäude eröffnete erste Berliner Friedhofscafé (www.cafe-finovo.de) dar. Zusätzlich engagiert sich der neu gegründete Förderverein EFEU e.V. sehr erfolgreich mit verschiedensten Projekten für den langfristigen Erhalt des bedeutenden Kirchhofes (www.efeu-ev.de) .
Kontakt:
Zwölf-Apostel-Kirchhofsverwaltung
Kolonnenstr. 24-25, 10829 Berlin,
Tel.: 030-781 18 50, Fax: 030-788 34 35
E-Mail: kirchhoefe@zwoelf-apostel-berlin.de